Der Junggesellenverein und Männerreih "Eintracht 1895 Alt-Wolsdorf
Wenn es um die Tradition geht, können die Junggesellen schon ein Wort mitreden, zählt ihr Verein ja nun schon weit über 100 Jahre; das Gründungsdatum war der 14. April 1895. Anläßlich des 25. Stiftungsfestes wurde dieses Datum erwähnt.Die Zahl der Gründungsmitglieder oder gar deren Namen sind leider nicht aufgezeichnet. Über die damaligen Aktivitäten weiß man nichts. Es gab aber mit Sicherheit manch frohes Fest,wobei wahrscheinlich auch das eine oder andere Bier durch die Kehlen floß. Mehr ist ab 1919 bekannt. Ein amtliches Schreiben besagt: Um 2 Uhr nachmittags erschien der erste Vorsitzende, um eine Lustbarkeit, bestehend in Stiftungsfest (geschlossener Festball) für den 21. September in den Räumen von Franz Cappallo anzumelden. Am 12. Januar 1920 wurden bei einer Versammlung die alten Satzungen von 1895 außer Kraft gesetzt und neue beschlossen. Der § 1 dieser Satzung sei hier genannt: Der Verein hat den Zweck, durch gemütliches Zusammenhalten alle Roheiten und Unordnungen zu verdrängen und diesbezüglich unter den Junggesellen anzustreben. Eine Formulierung also, die etwas nachdenklich macht. Es wird danach über reges Vereinsleben berichtet, so über das 25. Stiftungsfest, das am 27. Juni 1920 gefeiert wurde. Die Festlichkeiten begannen mit einem Kirchgang um 9.30 Uhr, im Anschluß daran war um 11.00 Uhr ein Konzert und um 14.30 Uhr ging der Festzug durch die Wolsdorfer Straßen unter Beteiligung von 28 Vereinen. Ab 16.00 Uhr begannen die Festbälle, man beachte: Bälle! Wegen der riesigen Beteiligung mußte man in drei Sälen feiern. Ein Fotograf wurde tätig; das Jubiläumsbild hängt im Vereinslokal, und im Gegensatz zum Gründungsbild, sind alle Namen bekannt. Mancher Wolsdorfer findet hier Verwandte. Die Mitgliederzahl bewegte sich in den folgenden Jahren immer zwischen 18 und 36. In regelmäßigen Abständen folgten Veranstaltungen wie Theateraufführungen, Martini-Ball oder auch einmal ein Festball, um mit dem erwirtschafteten Gewinn eine Gedenktafel für die gefallenen Mitglieder zu erstellen. 1923 liegt erstmals eine Aufzeichnung darüber vor, daß am 1. Sonntag im Mai ein Krönungsball stattfand. Zum Maiball 1923 ist nachzulesen: Der Junggesellenverein erstattete die Anzeige, im Saale Kemp am 6. Mai eine öffentliche Lustbarkeit bestehend in Krönungsball mit Tanz, zu veranstalten. Gemäß § 16 Ziffer 2 der Lustbarkeitssteuerverordnung ist ein Betrag von 1000 Mark vor Beginn der Lustbarkeit an die Stadtkasse zu entrichten. Das Lustigsein hatte einen stolzen Preis. Diese Art der Festlichkeiten wiederholte sich in den folgenden Jahren regelmäßig. Die Krönung des Maipaares fand bald am Dreifaltigkeitstag in Verbindung mit dem Kirchweihfest - der Kirmes - statt. Man wußte in Wolsdorf fröhlich zu feiern, bis dann beim Kirmesball 1934 ein trauriger Zwischenfall die Bevölkerung erschauern ließ: Franz Schulte, der Schwiegersohn der Wirtin, wurde beim Schlichtungsversuch eines Streites getötet. Die Tätigkeit der Junggesellen erfuhr nach der Kirmes im Jahre 1939 kriegsbedingt eine lange Unterbrechung. Die Fortsetzung begann nach sieben Jahren mit der Wiedergründungsversammlung am 18.2.1946. Dieses schöne Ereignis war Anlaß für einen Festball, der für den 2. Ostertag, am 22.4.1946 geplant war. Da hieß es für die Junggesellen kräftig in die Hände zu spucken, um bei der Herrichtung des Saales, der durch Kriegseinwirkung stark gelitten hatte, feste anzupacken. Auch die Mädchen haben mit Feuereifer als Reinigungsteam gearbeitet. Der Festball wurde von der Bevölkerung freudig begrüßt, denn der Bedarf an Fröhlichkeit war groß. Bei dieser Gelegenheit wurde auch zum ersten Mal wieder das Fähndelschwenken nach alter Tradition vorgeführt. Für die nun anstehende Kirmes bedurfte es vieler Vorbereitungen. Ein Kirmesgeloog wurde einberufen und so fanden sich Wolsdorfer Männer und Junggesellen, die für den nötigen Schwung sorgten. Am 30. April d.J. zogen sie mit Fahne, Pferd und Wagen los, um endlich wieder einen Maibaum zu holen. Beim Aufstellen am Vereinslokal hatten sich viele Schaulustige eingefunden. In 20 Minuten war der Baum aufgerichtet und man konnte sich dem Tanz widmen. Die nachfolgende Versteigerung der Dorfschönen muß eine harte Arbeit gewesen sein, denn im Protokoll hieß es: Um 5 Uhr in der Frühe setzte man der Maikönigin den Ehrenbaum. Am 1. Mai wurde das Maipaar proklamiert und nach dem Tanz unter der Fahne, durfte dann auch das Gefolge das Tanzbein schwingen. So konnte man nach langer Zwangspause wieder eine wunderschöne Wolsdorfer Kirmes feiern. Die Junggesellen blieben sehr aktiv; es gab immer wieder Veranstaltungen, die vom Verein ausgingen. Oft wurden auch auswärtige Vereine besucht; viele Preise brachten die Fähnriche von den Junggesellenfesten nach Hause. Manchmal gab es Ärger bei der Punkteverteilung; aber beim anschließenden Bierchen war das schnell wieder vergessen. Mit der Zeit verringerte sich die Zahl der Mitglieder. Es ergab sich daher von selbst, daß auf die verbliebenen Junggesellen viel Arbeit und auch finanzielle Sorgen zukamen. So ist unter dem Datum 24.7.1950 eingetragen: Der Junggesellenverein hat die vergangenen schweren Zeiten gut durchstanden: Möge die Kameradschaft blühen und gedeihen, auf daß der Verein fortbestehe und niemals untergehe. Das geschah dann auch glücklicherweise nicht, aber er wackelte bedenklich. Hatte die neue Zeit, der sogenannte Wohlstand, die jungen Leute verändert? Möglich war aber auch, daß niemand mehr Verantwortung übernehmen wollte. So erfolgte im Oktober 1951 die Gründung einer Männerreih; man nannte sich nunmehr: Jungesellverein und Männerreih "Eintracht" 1895 Siegburg - Wolsdorf Alt und jung wollten fortan miteinander arbeiten, und das fand so guten Anklang, daß der Verein nach wenigen Wochen 46 Mitglieder zählte. Mit großem Elan wurden Versammlungen, Vorstandssitzungen und Festlichkeiten abgehalten. Das größte Anliegen war aber in jedem Jahr die Ausrichtung der Kirmes, die dann auch auf Jahre hinaus gesichert schien. Aber schon die Versteigerung 1954 konnte keinen König erbringen. Die Niederschriften enden mit dem 28.8.1954. Es gelang zwar noch einige Jahre, die Jungen und Männer zum Aufstellen des Maibaums zu motivieren, doch das Interesse, König zu werden, war minimal. Es gab dann durch die Mithilfe der Tambouren und der Feuerwehr noch einige Maipaare, aber 1964 war nicht einmal mehr ein Maibaum zu sehen. Beim Frühball, der ohne die traditionelle Krönung stattfand, beschlossen einige Ex-Könige, für eine Änderung zu sorgen. Dem Gedanken folgte bald die Tat: der alte Vorstand wurde aufgelöst und schnellstens erneuert. In kurzer Zeit waren 92 Mitglieder beigetreten. Die darauf folgende Kirmes wurde ein voller Erfolg. Es gab ein prächtiges Maipaar zu krönen, die Maikönigin war eine Enkelin des Mitgründers, Johann Alfter. Von da an ging es mit dem Verein wieder bergauf. Man beschränkte sich auf wenige Festlichkeiten, die man über viele Jahre durchführen konnte. So haben es die Junggesellen im Jahre 1995 auf stolze 100 Jahre gebracht. Mit schönen Feierlichkeiten wurde die hundertjährige Tradition gekrönt. Für die Zukunft bleibt zu hoffen, daß es immer wieder Junggesellen gibt, die sich dem Verein anschließen. Möge es aber auch immer Männer geben, die dem Verein vorstehen und alle Sorgen und Arbeiten auf sich nehmen, um anderen Freude zu bereiten. Hoffen wir, daß diese Männer und Junggesellen noch viele Jahre durch unser geliebtes Wolsdorf ziehen. (Mit freundlicher Genehmigung des Rheinladia Verlags)